„Das kann ich zuhause auch selbst nähen“
„PASS AUF!!“ und mein Freund duckt sich, da sich wieder eine Nadel meiner Nähmaschine selbstständig gemacht hat und zum Geschoss geworden ist. Sie verfehlte ihn nur knapp, aber zum Glück ist nichts passiert! „Diese verdammten Schläuche! Lassen sich einfach nicht nähen! Ich kann es nicht und weiß nicht mehr weiter!“ Das waren haargenau meine Worte. Ich war kurz davor aufzugeben mich mit Feuerwehrschläuchen zu beschäftigen, aber stattdessen habe ich mir Nähmaschinen näher angeschaut und wurde gefragt, welches Material die Nähmaschine nähen sollte und da wurde es interessant.
Der Sinn von Feuerwehrschläuchen
Was sind denn eigentlich Feuerwehrschläuche? Woher kommen sie und aus welchen Materialien bestehen sie? Ich war zwar schon mit einem Feuerwehrmann verheiratet, aber das hatten wir nie als Thema. Mich hat die Feuerwehr nie wirklich interessiert und ich war immer nur froh, dass es Feuerwehrleute gibt und sie Leben retten. Aber warum geben Feuerwehren ihre Schläuche eigentlich ab? Das war eine unserer ersten Fragen und die Antwort war schnell gefunden. Aber dazu gleich mehr.
Und warum konnte ich sie nun nicht mit meiner normalen Haushaltsnähmaschine nähen? Naja, früher wäre das wahrscheinlich gegangen. Im Mittelalter wurden Feuerwehr Schläuche aus Segeltuch und Leder hergestellt. Da hätte sich meine Nähmaschine nun wirklich gefreut. Später waren die Schläuche dann aus Naturfasern wie Hanf zum Beispiel. Das würde uns heute auch wieder gefallen, wenn wir an unsere Umwelt dabei denken. Doch die Schläuche mussten nass sein damit sich die Fasern ausquellen und dicht werden und somit hatten die Feuerwehrleute noch im 19. Jahrhundert einen echt schweren Job zu erledigen. Aus diesem Grund wurde auch mit der Industrialisierung und der Verwendung von Öl und Gummi, die Feuerwehrschläuche immer mehr an die modernen Standards angepasst.
Heute sind Feuerwehrschläuche aus hauptsächlich zwei Teilen: Einem Gummiteil, damit sie dicht sind und kein Wasser verloren geht. Außen ist ein Kunstfasergewebe aus PE gehaftet, welches die Schläuche Druck beständig macht. Dieses Gewebe brennt auch nur sehr schwer, was sich auch als nützlich bei der Brandbekämpfung bewährt hat. Wenn jedoch bei Wartungen festgestellt wird, dass sie nicht mehr dicht sind, werden sie aussortiert. Wem nützt schon ein Feuerwehrschlauch, der Wasser verliert?!
Ganz schön viel Technik dahinter
Die modernen Schläuche können einem Prüfdruck von bis zu 25bar standhalten, da ist es nur logisch, dass sie auch nicht nur hauchdünn sind, sondern auch ordentlich Gewicht haben. Natürlich kommt das immer auch den Durchmesser und die Länge des Schlauches an, aber wenn man Feuerwehrschläuche nähen will, kann es auch noch so ein kleines Stück sein, die Dicke des Gummis und des Kunstgewebes ist wesentlich dicker als Stoff und sogar Leder. Da das Gewebe auch besonders robust ist, gleitet die Nähnadel auch nicht einfach so durch und bleibt am Ende auch noch am Gummi „kleben“. Das waren übrigens auch die Gründe, warum meine normalen Nähnadeln immer gebrochen sind und zu Wurfgeschossen ausarteten. Einfach zu dick, wenig durchlässig und für Metall nicht rutschig genug. Das waren schonmal super Voraussetzungen für knapp 1qm Feuerwehrschläuche, die wir einer Feuerwehr abgekauft haben und nun in unserem Keller liegen.
Die Lösung lag so nah
Also musste eine Lösung her! Wir waren uns einig, dass wegschmeißen keine Option ist. Viel zu viel Gummi und festes Gewebe, was sogar teils richtig schön schimmert, wenn man es genug gereinigt hat. Da wir auch privat viel darauf aufpassen so wenig wie möglich Müll zu produzieren und so viel wie möglich Produkte mehrmals verwenden, mussten wir hier einfach weitermachen und eine Lösung finden. Diese bestand am Ende aus einer Industrienähmaschine, mit einem Dreifachtransport, der die Feuerwehrschläuche mühelos unter der Nadel weiterschiebt, genug Platz nach oben, sodass wir bis zu 5 Lagen Schlauch zusammennähen können (wofür ich das brauche, weiß ich noch nicht, aber wir sind ja noch nicht am Ende unserer Reise), einer Nadel, die viermal so dick ist, wie die Nadel meiner Haushaltsnähmaschine, um genug Kraft zu haben, um durch das Kunstgewebe sowie den Gummi zu stoßen und natürlich ein drei- bis viermal so dickes Garn, was auch nicht mehr reißt.
Über ein Jahr haben uns die Tests in Atem gehalten, aber umso mehr sind wir jetzt stolz eine neue Produktkategorie entwickelt zu haben und haben noch 100 Ideen im Kopf – mindestens!
Eure Nicolle